Im Rückspiegel: Ford durfte den Colt nicht ziehen – 50 Jahre Capri
Auch 50 Jahre nach seinem Erscheinen hat für viele Autofans der Ford Capri nichts von seiner Strahlkraft verloren. Seine internationale Publikumspremiere gab das Auto im Januar 1969 auf dem Brüsseler Automobilsalon und wurde noch im gleichen Monat in der Bonner Beethovenhalle der deutschen Fachpresse vorgestellt, ehe er im Februar des Jahres auf den Markt kam.
„Ein außergewöhnliches Fahrzeug für einen gewöhnlichen Markt“ – so
lautete die Überschrift einer Pressemitteilung, mit der die Medien 1969
auf den Capri eingestimmt wurden. Und vollmundig ging es weiter; „Form,
Größe und Fahrleistungen dieses Wagens vereinigen sich zu einem
neuartigen Begriff der Sportlichkeit. Denn der Capri ist weder ein
Kompromiss zwischen Sportwagen und Familienwagen, noch ist er eine
abgewandelte Limousine. Er ist, vereinfacht ausgedrückt, ein
mittelgroßes Fastback-Coupé von äußerst ansprechender, sportlicher Form.
Dabei ist er, gemessen an Sportwagen-Standards, überaus geräumig - er
bietet Platz für vier Personen und ihr Gepäck - und hat dennoch viele
der Eigenschaften, die einen echten Sportwagen auszeichnen. Bis auf den
Preis.“
Verantwortlich für die Form zeichnete der amerikanische Designer Philip
T. Clark, Schöpfer des ebenfalls kultigen Ford Mustang. Er war auch der
eigentliche Inspirator für eine Art deutschen Mustang. Ursprünglich
hätte der Capri sogar passenderweise Colt heißen sollen. Aber den Namen
hatte sich bereits Mitsubishi für einen Kleinwagen gesichert. Nach
ausführlichen Marktforschungen rechneten die Modellplaner mit einem
deutlich überwiegenden Anteil junger Käufer in der Altersspanne von 18
bis 29 Jahren.
Insgesamt fünf Modellvarianten standen zur Markteinführung zur Wahl. Die kleineren Motoren bis 1,7 Liter Hubraum waren V4-Aggregate, darüber gab es V6-Antriebe. Die Sechszylinder waren am „Power-Buckel“, einer Ausbuchtung in der Motorhaube, zu erkennen. Das zugehörige Leistungsspektrum reichte von eher defensiven 50 bis zu 108 PS – damals ein durchaus respektabler Wert. Je nach Ausführung ließ sich der Ford Capri damit in verträumten 22,7 (1300) bis sportlichen 10,8 Sekunden (2300 GT) Sekunden auf 100 km/h beschleunigen, die maximale Reisegeschwindigkeit lag zwischen 133 und 178 km/h – Werte, die ein halbes Jahrhundert später jeder halbwegs gut aufgelegte Ford Fiesta erreicht. Der Ford Capri sorgte damals jedenfalls für Aufsehen, und das nicht alleine mit rassiger Optik und sportlichen Fahrleistungen, sondern auch mit seinem Preis: 6995 Deutsche Mark wurden für das 1,3-Liter-Basismodell aufgerufen. Das galt als Preis-Leistungs-Sensation.
Im Herbst 1969 rückte eine „Hochleistungsversion“ des 2300 GT zum
Familienoberhaupt der Baureihe auf, die mit scharfer Nockenwelle,
Doppelrohrauspuff und Modifikationen an Zündung und Vergaser 125 PS
lieferte. Damit konnte die Zehn-Sekunden-Marke für den Standardsprint
(9,8 Sekunden) unterboten und 190 km/h Spitzengeschwindigkeit erreicht
werden.
Als Alternative zum serienmäßigen Vier-Gang-Handschalter gab es für alle
Modellversionen mit Ausnahme des 1300ers auf Wunsch eine
Drei-Stufen-Automatik. Die Fahrwerkstechnik samt
McPherson-Federbein-Vorderachse und starrer Hinterachse an
Halb-Elliptik-Längsblattfedern hatte der Capri fast unverändert von
seinem braven Bruder übernommen, dem Ford Taunus. Gebaut wurde der
sportliche Ford nicht nur im Stammwerk Köln-Niehl, wo das Unternehmen 86
Millionen DM in neue Produktionsanlagen investiert hatte, sondern auch
im englischen Halewood, wo ihm Motoren aus dem britischen Ford-Programm
eingepflanzt wurden.
Obwohl bis zum Herbst 1969 in Köln bereits rund 75 000 Capris gebaut
worden waren und die Produktion ständig erhöht wurde, gelang es nicht,
mit der lebhaften Nachfrage Schritt zu halten.
Und das sollte so bleiben. Bis zum Ende ihrer fünfjährigen Laufzeit
wurden 784 000 Einheiten der ersten Modellgeneration in Deutschland
gebaut, 244 000 davon fanden auf dem Heimatmarkt einen Abnehmer. 1973,
das letzte Jahr im Modellzyklus, wurde zum erfolgreichsten Jahr der
Capri-Historie überhaupt: im August 1973 rollte das einmillionste
Exemplar vom Band.
Bis dahin waren aber noch diverse Modifikationen und
Modellpflegemaßnahmen in die Serie eingeflossen. Die V4-Motoren wurden
durch 1,3- und 1,6-Liter-Reihenvierzylinder mit 55 und 72 PS
beziehungsweise 88 PS aus dem Taunus ersetzt, während der 140 PS starke
3,0-Liter-V6, der sich bereits im Granada und Consul GT bewährt hatte,
nun auch für die deutschen Capri-Modelle verfügbar war.
Der Ende 1970 vorgestellte 2600 RS ist aus Sicht vieler Enthusiasten,
Fans und Motorsportfreunde die Verkörperung des Capri-Gedankens
schlechthin. Für 15 800 DM erhielten sportlich ambitionierte Fahrer ein
Auto mit sechs Zylindern, Kugelfischer-Einspritzung, tiefergesetztem
Sportfahrwerk und 150 PS unter der mattschwarzen Motorhaube, dessen
markantes Doppelscheinwerfer-Gesicht in Motorsport-Konfiguration schon
bald auf Augenhöhe mit der erfolgsverwöhnten Porsche-Phalanx auftauchen
sollte. Die Homologationsauflage von 1000 Einheiten mit Leichtbauzutaten
wie Magnesiumfelgen, Plexiglasscheiben und Kunststofftüren, legte den
Grundstein für eine außergewöhnliche Rennsportkarriere.
Text: ampnet/jri
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