Advent, Advent, der Trabi rennt
Die einen liebten ihn, für die anderen war er nicht nur olfaktorisch eine Pestbeule. Dennoch führte am Trabant 601 kaum ein Weg vorbei, der Mobilmacher der DDR-Bürger knatterte mit Papp-Karosserie und Zweitaktmotor unentwegt über die schlechten Straßen zwischen Ostsee und Erzgebirge. Aus Anlass des runden Geburtstags der Deutschen Einheit (vor 30 Jahren wuchs zusammen, was zusammengehörte), legt der Modellbauspezialist Franzis den Trabi als Adventskalender-Bausatz auf und versüßt so mit 24 Bauteilen die Vorweihnachtszeit kalorienfrei.
Der Zusammenbau ist leicht, die Teile sind passgenau gefertigt.
Klebstoff braucht es nicht, die Karosserie und die Innenausstattung
werden mit Schrauben über Klickverschlüsse miteinander verbunden.
Zwischendurch gibt es kleine Überraschungen. Am 6. Dezember etwa bringt
der Nikolaus kein weiteres Trabi-Bauteil, dafür aber eine Eintrittskarte
für das August-Horch-Museum in Zwickau, der einstigen Heimat des
Trabant. Früher wurden dort die Modelle von Horch, Wanderer und DKW
gebaut, heute fertigt Volkswagen in der Nachbarschaft. Der wegen seiner
Kunststoffkarosserie gerne als Rennpappe bezeichnete Trabant rollte hier
am 10. September 1958 zum ersten Mal vom Band.
Mit Zwei-Takt-Sound
Der Trabi war als Zweitakter nicht allein am Geruch sondern auch am charakteristischen Motorsound zu erkennen. Der Zwei-Zylinder-Motor, der im Rahmen der ersten Modellpflege 1962 mit einer Hubraumvergrößerung auf rund 0,6 Liter und 23 PS kam, galt seit jeher als uncharmant, dafür aber unverwüstlich. Mit einfachstem Werkzeug ließen sich Schäden leicht selbst beheben. Auch beim Bausatz wird ein Schraubenzieher gereicht. Er hilft beim Verschrauben des Soundgenerators samt Batteriefach unter der Bühne auf dem die Rennpappe steht. Über einen Lautsprecher knattert der Trabi los, was das Zeug hält. Etwas schmalbrüstig zwar, aber durchaus authentisch und erkennbar. Achtung: Die beiden erforderlichen 1,5-Volt-Batterien sind nicht im Bausatz enthalten.
Als die Zeichen der Zeit schon auf Wandel und Wende standen, sollte der
Trabant doch noch einen Vier-Zylinder-Viertaktmotor bekommen. Bereits am
12. November 1984 hatte die Industrieverwaltung Fahrzeugbau (IFA) der
DDR mit VW einen Lizenzvertrag zur Produktion von Automotoren in der DDR
geschlossen. Die 1,1-Liter-Aggregate waren für den Einbau im VW Polo
vorgesehen, 1988 kamen sie auch im Trabant zum Einsatz. 60 Prozent des
Fahrwerks waren überarbeitet worden, um den höheren Fahrleistungen
gerecht werden zu können. Kaufen wollte den Trabant 1.1 allerdings kaum
jemand, lag sein Preis doch bei unvorstellbaren 19.665 Mark, optisch
unterschied er sich zu allem Überfluss kaum von seinem Vorgänger. Am 30.
April 1991 rollte der letzte Trabant vom Montageband in Zwickau.
Die einzelnen Schachteln des Adventskalenders zeigen anfangs eine
Detailaufnahme des Trabis, den vorderen linken Schweinwerfer. Werden die
unterschiedlich großen Boxen geleert und umgedreht in die Verpackung
zurückgelegt, entsteht bis Heiligabend ein neues Bild, das den Trabant
auf einer Fahrt durch eine idyllische Allee zeigt.
52-seitiges Handbuch
Das 52-seitige Handbuch, einfühlsam und kompetent geschrieben vom Autor und Ost-Fahrzeug-Experten Frank Rönicke, erklärt nicht nur den Zusammenbau, sondern gibt auch einen ziemlich vollständigen Überblick über die Automobilgeschichte der DDR. Die Broschüre ist zweisprachig auf Deutsch und Englisch verfasst, weshalb sich der Adventskalender als Vorweihnachtsgeschenk auch für die internationale Trabant-Fangemeinschaft eignet.
Die Zahl der Trabis auf den Straßen nimmt ab, einige Exemplare werden
jedoch liebevoll gepflegt und gewartet. Mehr als 80 Clubs und
Interessengemeinschaften halten die Erinnerung an den Bestseller „Made
in GDR“ wach. Der Bausatz von Franzis ist keinesfalls eine Raubkopie,
sondern ein offizielles Lizenzprodukt des Inter-Trab e.V.. Wer Gefallen
an der charmanten (N)Ostalgie gefunden hat, wird in den Regalen bei
Franzis weiter fündig. Die in Haar bei München beheimateten
Techniktüftler bieten mehrere Adventskalender und Bausätze erfolgreicher
Automobile an, auch einen Sechs-Zylinder-Motor von Porsche oder den
berühmten Vier-Zylinder-Boxer des Käfers gibt es dort als Bastelsatz.
Der Trabant-Adventskalender mit Begleitbroschüre kostet 59,95 Euro. Das
fertige Modell hat die Maße 19,5 mal 7,5 mal 6,5 Zentimeter.
Text: ampnet/mk
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